Fragen über Fragen

FREI – ja, heute denke, spüre und spreche ich dieses Wort mit einer tiefen Gewissheit aus – mein Kind ist frei.

Vor sieben Jahren, als Max völlig unerwartet gestorben ist, gab es keine Sprache mehr, wie diese für mich vertraut schien. Wie ausdrücken, wie benennen, was in mir tobte an Gefühlen? Ein alles verändernder Satz schrie mir entgegen:

Mein Kind ist tot!

Der Körper schaltet den Überlebensmodus ein und legt für die erste Zeit einen Schutzmantel um die verwirrte Seele und das gebrochene Herz, das ist gut so, damit es überhaupt gelingt jeden Tag aufzustehen.

Hineingehend in den Nebel der Unwissenheit, der zähen antwortlosen Sonnenauf – und Untergänge.

Immer lauter wurde die innere Stimme, der Kopf brauchte eine Art Verband, wegen der viel zu großen Gedanken und das Leben schleudert dir Fragen entgegen, unermüdlich stellen sich diese Fragen vor die eigenen Füße. Mehr und mehr begann ich eine Suchende zu werden. Ich wollte wissen, wo ist mein Kind jetzt, wie ist dieser „Ort“, von dem wir im irdischen Dasein noch keine Vorstellung haben. Gibt es diese andere Dimension eigentlich?

Das Thema Nahtoderfahrung hatte mein Interesse schon, bevor ich suchend aufgebrochen bin, um die Ausweitung meiner inneren Gefühle zu ermöglichen. Nun wollte ich erneut darüber lesen, erfahren, mit der leisen Hoffnung, dort Antworten zu finden.

Wenn man im Internet den Begriff eingibt, kann man sich vorstellen, dass es eine Fülle an Informationen und Büchern dazu gibt. Mir war jedoch von Anfang an wichtig, Inhalte zu finden, die von Menschen geschrieben wurden, die selbst eine Nahtoderfahrung gemacht haben.

Auf dieser Entdeckungsreise bin ich auf ein Buch gestoßen, mit dem Titel „Licht ohne Schatten“ von Sabine Mehne.

In Ihren Zeilen habe ich mich mit meinen Trauerempfindungen wieder gefunden, obwohl ich selbst keine Nahtoderfahrung erlebt habe, schien doch die Auswirkung von beidem, in vielen Bereichen ähnlich zu sein.

Es gibt ein davor und ein danach!

Zusammenfassend steht auf dem Buchrücken folgendes:

»Der Tod ist sanft«, ist sich Sabine Mehne heute sicher. Schwer krebskrank, wurde sie in einem Moment unerträglicher Schmerzen aus ihrem Körper herauskatapultiert in ein heilsames Licht, in dem sie sich absolut geborgen und frei fühlte … Danach war nichts mehr wie zuvor. Hier erzählt sie von ihrem Leben mit und nach dieser Nahtoderfahrung. Von ihrem Kampf, wieder in dieser Welt Fuß zu fassen, in ihrem Anderssein verstanden zu werden. Der eindringliche Bericht einer mutigen Frau, die das Leben und den Tod mit neuen Augen sehen lernte.

Schon in diesen wenigen Zeilen war so viel, welches etwas in mir auslöste und auch eine leise Stimme der Hoffnung, dass Max sanft in ein heilsames Licht gegangen ist, dass er sich dort frei und geborgen fühlt. Es ist wertvoll in Gesprächen, in Gelesenem etwas tröstliches zu finden. Doch einen wirklichen Trost gibt es für eine Mutter, einen Vater nicht, wenn das eigene Kind gestorben ist, dies gilt es zu unterscheiden, vor allem für das eigene Umfeld. Denn auch ich wollte in meinem Anderssein verstanden werden und musste wieder Fuß fassen in meiner neuen Wirklichkeit.

Während ich mich beim Lesen in den Worten von Sabine Mehne so wunderbar verstanden fühlte, mancher Satz erschien mir, als habe sie diesen „nur“ für mich geschrieben, entstand der Wunsch Kontakt zu ihr aufzunehmen.

Aus einer ersten Mail im Februar 2017, ist ein solch bereichernder Austausch entstanden, wie ein wundersanftes Geschenk an mich. Stillbewegt habe ich in den letzten Tagen einige dieser Mail-Gespräche noch einmal gelesen, um mich einzustimmen für diese Zeilen meines Beitrages, hier in unserem Blog.

Durch die Schilderungen von Sabine Mehne und Ihre Erfahrungen damit, haben sich auch mir neue Blickwinkel eröffnet und Sie hat mich in unserem Mailkontakt und später auch bei persönlicher Begegnung, immer wieder ermutigt, meine Gedanken aufzuschreiben. Dafür bin ich dir liebe Sabine sehr dankbar, denn das Schreiben ist und war ein Herzöffner für mich in meiner Trauer. Es zeigt auch auf, welche Schritte ich mittlerweile gewagt habe, denn wenn ich frühere Texte heute lese, kann ich die Veränderung,  die Erweiterung in mir, erkennen.

Ich sehe den Weg hinter mir, den ich bereits gegangen bin, mein Trauerlebensweg. Heute nach nun sieben Jahren, bin ich vielleicht schon eine Geübte, gleichzeitig eine völlig Ahnungslose. Wo werde ich an Land finden?

Wenn wir Laufen, auf Wanderschaft durch unser Seelenlabyrinth sind, stärken wir damit unsere emotionale Muskulatur. Dies nährt uns, um wieder klarer, vertrauensvoller und selbstbestimmter zu lauschen, was das Leben uns zuflüstert: Stille, bestärkende Wegweiser, Hilfestellungen, Liebeserklärungen.

Altes verabschieden, Neues zulassen.

Menschen mit offenem Herzen, wie Sabine Mehne, sind für mich bestärkende Wegweiser!

Ja, ich kann den Weg sehen, den ich schon gegangen bin, dennoch der, der vor mir liegt, öffnet sich mir nur mit jedem kommenden Schritt. Da ist keine Sicherheit mehr, doch liebevolle Freundlichkeit mit mir und meinen Möglichkeiten, während ich unterwegs bin.

Sylvia Hey

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert